Click & Collect – Der feuchte Traum eines stationären Händlers

Stationäre Händler erhoffen sich aktuell mit Click & Collect Frequenz in Ihren Filialen und Mehrumsatz zu generieren. Das Sie stattdessen bezüglich Aufwand insgesamt vermutlich besser fahren würden, wenn sie die Lieferkosten auf CHF 0.- senken und mit Post Pack Priority ( im Volksmund weit verbreitet immer noch A-Post genannt) versenden, möchte ich nachfolgend aufzeigen.

Weshalb nutzen Kunden Click & Collect?

Meine Erfahrung sagt das es in mindestens 90 % von Click & Collect primär 2 Use Cases gibt. Case 1: Sicherstellen das ich den Artikel sicher erhalte und nicht vergebens wo hin fahre. Dies ist der Fall bei extrem nachgefragten Produkte Neuheiten die jeder haben will (z. Bsp. Technik Gadget’s) welche ja eigentlich nicht beworben werden müssten und so günstig Frequenz generieren oder Schnäppchen aus der Werbung (welche ja eigentlich ursprünglich als Frequenzbringer gedacht sind und in vielen Filialen nicht reserviert werden können). Case 2: Der Kunde möchte CHF 6.50 Lieferkosten sparen und fährt im besten Fall mit dem Auto 10 km hin und zurück damit er das Geld für die Lieferung nicht ausgeben muss. Ein ökologischer Schwachsinn. Die restlichen Cases sind vermutlich Tests von Beratern und Mitbewerbern, um zu prüfen wie dies bei der entsprechenden Firma funktioniert und gelöst wurde. Kundennutzen?

Technische Herausforderung

Ein grosser Teil der Legacy Systeme hat die Lagerbestände mit einer Genauigkeit von 24 Stunden. Und das reicht für Stationär auch vollkommen aus, den die Filialen werden im Best Case täglich angefahren und mit Nachschub beliefert und die Umsatz Zahlen werden meistens auf Tagesebene indexiert. Somit gab es bisher keinen Grund diese Informationen aktueller Verfügbar zu haben.

Herausforderung am POS

Auf der anderen Seite gibt es Abweichungen im stationären Bestand aufgrund von Defekten Artikeln, Artikel am falschen Lagerplatz, gestohlen, falsch Etikettiert, Ausstellungsstück, Artikel im Lager, in falscher Filiale geliefert, in Umkleidekabine usw. welche Abweichungen zwischen Realität und Abbildung Online ergeben.

Personelle Herausforderung

Und so müsste bei einer Online Bestellung ab Filiale sofort eine Verkäuferin wie eine aufgescheuchte Biene durch den Laden flitzen und den Artikel bei Seite stellen, damit der Kunde diesen entgegen nehmen kann. Wie die Situation mit Anzahl Personal auf der Verkaufsfläche im stationären Handel je länger je mehr aussieht, weiss ja jeder selber und eigentlich ist das Personal ja zum beraten und bedienen da ……..

Logistische Herausforderung

Mit einem geschickten Schachzug wird nun meistens versucht die Herausforderung am POS sowie die Personelle Herausforderung zu lösen. Indem die Ware nicht ab Filiale (welche ja ursprünglich eigentlich der Filiale zugeteilt war, damit diese die Umsatzziele erreichen kann!) bereit gestellt wird, sondern ab Verteilzentrum. Nur, wer schon einmal die Prozesse bei einem stationären Händler gesehen hat, weiss das diese auf grössere Mengen und nicht Einzelstücke ausgelegt sind. Die Ware kommt in das Verteilzentrum und wird teils ohne Einlagerung direkt umverteilt. Und hier soll nun mit dem Camion eine Ladung Ware an eine Filiale gesandt werden, mit Einzelstücken für verschiedene Kunden, welche diese dann in der Filiale abholen kommen. Hallelujah! Neuer Prozess im VZ und Einzelstücke zwischen den grossen Paletten. Das kann ja nur gut gehen. Da dies nicht funktioniert, versenden viele Filialisten die Einzelstücke nicht via Camion sondern via Post, damit diese auf dem Weg in die Filiale nicht verloren geht! (Via Post! das heisst, die Versandkosten um einen Artikel gratis zum Endkunden zu versenden, wären hier schon gedeckt!).

Service Herausforderung

Nehmen wir nun an, die Mitarbeiterin hat den Artikel gefunden oder via VZ erhalten (was gut und gerne zwischen 1 – 3 Tage in Anspruch nimmt) und beiseite gelegt. Nun muss im Normalfall der Kunde informiert werden, dass der Artikel in der Filiale zum abholen bereit liegt. Zwischenzeitlich gibt es in der Filiale einen Schichtwechsel und die Mitarbeitern geht nach Hause. Die Chance das nun der Artikel weiterverkauft wird oder nicht gefunden wird, wenn der Kunde diesen abholen möchte ist daher latent vorhanden.

Nun kommt der Kunde in den Laden und möchte eigentlich einfach rein – in Empfang nehmen und gleich wieder raus. Die Realität ist aber meistens – an der Kasse anstehen – erklären was man möchte – warten bis der Mitarbeiter aus dem Lager mit dem Artikel zurück ist und dann wieder raus aus dem Laden. Was vermutlich nicht der erwarteten Experience entspricht aber dem feuchten Traum eines stationären Händlers. Weil, vielleicht sieht der Kunde während der Wartezeit ja noch einen Artikel, den er auch noch kaufen könnte und tätigt einen Zusatzverkauf.

Resumé

Nun stellt sich also die Frage, ob dieser ganze aufgezählte finanzielle, organisatorische und personelle Aufwand schlussendlich nicht einfacher und kostengünstiger realisierbar ist, indem einfach Gratis Lieferung im Online Shop angeboten wird und der ganze finanzielle Aufwand erst dann getätigt wird wenn die Systeme so auf Vordermann gebracht wurden das diese auch ein wirklich effizientes elektronisches Business in der Zukunft erlauben. Im gleichen Aufwisch kann man dann die Ablage und Struktur der Produkte Daten auch gleich in Ordnung bringen, aber das ist eine andere lange Geschichte.

Vielleicht lebe ich in meiner kleinen Welt aber wieder einmal falsch und mache mir ein falsches Bild. Dafür freue ich mich gerne auf Kommentare.

Über Erich Althaus
Erich Althaus, Inhaber noline.ch GmbH, blickt auf langjährige Erfahrung als Projektleiter auf Web-Agentur-Seite sowie als Teamleiter e-Commerce, Online Marketing, New Media in verschiedenen namhaften Schweizer Unternehmen im Einzelhandel zurück. Seine Stationen in der Informatik und Marketing seit 2000 waren UBS, Novartis, Manor, Athleticum, Jumbo, Migros, Interio, Famigros, Ochsner Sport, Dosenbach, Ochsner Shoes. Heute berät Erich Althaus als Inhaber von noline.ch GmbH schweizer Top Retailer in den Bereichen Online Marketing, e-Commerce und Social Media Marketing.

2 Comments

  1. Hi Michi,

    Danke für den ausführlichen Kommentar.

    Auf welchen praktische Erfahrungen basieren Deine Aussagen?

    LG

    Erich

  2. Hallo
    Ich glaube, du liegst in deiner kleinen Welt wirklich ein wenig falsch. Vielleicht.

    //Case 2: Der Kunde möchte CHF 6.50 Lieferkosten sparen und fährt im besten Fall mit dem Auto 10 km hin und zurück damit er das Geld für die Lieferung nicht ausgeben muss. Ein ökologischer Schwachsinn.
    –> Der normale Kunde, wird sich die Ware in eine Filiale liefern lassen, welcher an seinem (Arbeits, Sport oder was auch immer) Weg liegt. Die Filiale hat längere Öffnungszeiten und schliesst nicht wie die Post schon um 18:00 Uhr.

    //Ein grosser Teil der Legacy Systeme hat die Lagerbestände mit einer Genauigkeit von 24 Stunden.
    –> 24h? Grosse und professionelle System gleichen die Lagerbestände innerhalb Sekunden ab. Dies ist auch nötig, damit ein anzuzeigender Lagerbestand zB. auf der Webseite immer korrekt ist. In der Art von: In der Filiale XY sind noch drei Produkte mit Name z vorhanden.

    //Und so müsste bei einer Online Bestellung ab Filiale sofort eine Verkäuferin wie eine aufgescheuchte Biene durch den Laden flitzen und den Artikel bei Seite stellen, damit der Kunde diesen entgegen nehmen kann.
    –> Es wird def. nicht in der Filiale bestellt, sondern ab VZ (wie du unten schreibst). Die Verkäuferin im Laden hat mit einer online Bestellung nichts zu tun.

    //Indem die Ware nicht ab Filiale (welche ja ursprünglich eigentlich der Filiale zugeteilt war, damit diese die Umsatzziele erreichen kann!) bereit gestellt wird, sondern ab Verteilzentrum.
    –> Richtig!

    //Nur, wer schon einmal die Prozesse bei einem stationären Händler gesehen hat, weiss das diese auf grössere Mengen und nicht Einzelstücke ausgelegt sind.
    –> Leider nein, mit durchdachten Prozessen und Abläufen ist dies absolut machbar. Selten hat eine Filiale 1000 Stück vom Produkt z am Lager. Da können auch nur mal zwei Produkte z geliefert werden. Somit ist es auch kein Problem, mal nur ein Stück vom Produkt x an die Filiale zu senden.

    //Nun muss im Normalfall der Kunde informiert werden, dass der Artikel in der Filiale zum abholen bereit liegt. Zwischenzeitlich gibt es in der Filiale einen Schichtwechsel und die Mitarbeitern geht nach Hause. Die Chance das nun der Artikel weiterverkauft wird oder nicht gefunden wird, wenn der Kunde diesen abholen möchte ist daher latent vorhanden.
    –> Selbstverständlich muss nicht das Ladenpersonal den Kunden informieren, dass das Produkt zum abholen bereit liegt, sondern das System macht das. Ich werde informiert, wenn das Produkt verschickt wurde und ich werde informiert, dass das Produkt nun in der Filiale ist. Alles natürlich automatisch.

    //Nun kommt der Kunde in den Laden und möchte eigentlich einfach rein – in Empfang nehmen und gleich wieder raus. Die Realität ist aber meistens – an der Kasse anstehen – erklären was man möchte – warten bis der Mitarbeiter aus dem Lager mit dem Artikel zurück ist und dann wieder raus aus dem Laden.
    –> Ich als Kunde zeige meinen Strich- oder QR-Code dieser wird gescannt und das Personal weiss genau, was zu tun ist. Ich muss nichts erklären. Im schlimmsten Fall, muss ich warten, bis die Kassiererin zurück aus dem Lager ist.

    //Weil, vielleicht sieht der Kunde während der Wartezeit ja noch einen Artikel, den er auch noch kaufen könnte und tätigt einen Zusatzverkauf.
    –> Natürlich. Die Zusatzprodukte liegen nicht nur für schön neben der Kasse oder weil der Platz dort belegt werden muss.

    Das ist so meine kleine Meinung, die ich habe und so persönlich kenne.

    Beste Grüsse
    Michi

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